Politik und Medien überschlagen sich unverändert mit Aufforderungen (bis hin zu angedrohten Zwangsszenarien), sich bzw. die eigenen Kinder doch unbedingt impfen zu lassen - nur stellt sich zunehmend die Frage: womit denn?

Die Produktpolitik der europäischen Impfstoffhersteller wird hier immer mehr zum Problem und limitierenden Faktor. So sind zahlreiche der auf dem europäischen und deutschen Markt offiziell zugelassenen Impfstoffe derzeit nicht oder nur sehr stark eingeschränkt lieferbar, darunter der Masern-Einzelimpfstoff, aber auch der Masern/Mumps/Röteln/Windpocken-Impfstoff, der 5-fach- und teilweise sogar der 6-fach Impfstoff. Mittlerweile ist das Problem sogar beim Paul Ehrlich Institut angekommen, das Anfang Oktober 2015 eine eigene Internetseite zu diesem Thema einrichtete..

Damit ist in der aktuellen Liefersituation (Stand 14.10.2015)

Lieferbar ist im Moment nur die jeweilige Maximalvariante: der 6-fach-Impfstoff (s.o.) und der Pneumokokken-Impfstoff Prevenar13®... .

Da es sich hier nicht um "Rohstoff-Probleme" oder ähnliche Unwägbarkeiten handeln kann (denn die "Flaggschiff-Impfstoffe" können ja unverändert hergestellt werden) und auch eine übermäßige Nachfrage nach den fehlenden Impfstoffen als Erklärung nicht in Frage kommt (die differenzierte Impfstrategie ist kein Massenphänomen), muss davon ausgegangen werden, dass die Herstellerfirmen  diese Liefersituation bewusst herbeiführen.

Zu den Gründen kann nur spekuliert werden, aber der Verdacht, auf diesem Wege eine differenzierte Impfentscheidung de facto unmöglich zu machen und eine impfpflichtähnliche Situation durch die Hintertür einzuführen, ist sicher nicht abwegig - frei nach dem Motto: wenn die Politik die Impfpflicht schon nicht einführt und die STIKO nicht dafür sorgt, dass alle ihre Empfehlungen buchstabengetreu umsetzen, dann klären wir Hersteller das auf unsere Weise... der Markt wird's schon richten...

Diese hochproblematische Produktpolitik wird verschärft durch die zunehmende Monopolisierung im Impfstoffbereich - allein 2015 kam es hier zu zwei weiteren Übernahmen, indem GlaxoSmithKline die Impfstoffsparte des Herstellers Novartis und Pfizer die von Baxter und RedVax schluckte. Hiermit wird ein Ausweichen auf vergleichbare Alternativpräparate anderer Hersteller immer schwieriger und die deutschen und europäischen Gesundheitsbehörden müssen sich fragen lassen, inwieweit sie hier ihrer Aufsichts- und Sicherstellungsverpflichtung noch ausreichend nachkommen.

Dass die "Alles-oder-Nichts-Situation", die die Hersteller hier herbeiführen, unter Umständen auch mehr Eltern nolens volens zu einer "dann eben Nichts"-Entscheidung drängen kann, wird hier offensichtlich übersehen oder in Kauf genommen... honi soit, qui mal y pense...

 

Literatur

GlaxoSmithKline. gesundheit.gsk.com. Zugang nur für Fachkreise, Abruf 14.10.2015

PEI. Lieferengpässe bei Human-Impfstoffen gegen Infektionskrankheiten. Allgemein zugänglich. Abruf 14.10.2015

RKI. EpiBull 41/2015. Abruf 15.10.2015

Sanofi Pasteur MSD. Impfservice.de. Zugang nur für Fachkreise, Abruf 14.10.2015