By Dr. Steffen Rabe on Dienstag, 06. Februar 2024
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Keuchhusten - Impfung in der Schwangerschaft schwächt Säuglingsimpfungen stärker als gedacht

Schon lange ist bekannt, dass die Keuchhusten-Impfung schwangerer Frauen die Wirksamkeit der Keuchhusten-Impfung der dann geborenen Kinder quantitativ und qualitativ abschwächt (so genanntes blunting): die betroffenen Kinder bilden auf die eigene Impfung weniger Antikörper und diese sind weniger wirksam gegen Keuchhusten-Bakterien (verringerte Avidität der Antikörper). Ebenfalls schon länger bekannt ist, dass dieser Störeffekt nicht nur die Keuchhusten-Impfung selbst, sondern auch andere Säuglingsimpfungen betrifft (Tetanus und Diphtherie (diese werden der Schwangeren gemeinsam mit der Keuchhusten-Impfung verabreicht), aber auch z.B. Kinderlähmung und Pneumokokken).

Eine aktuelle Metaanalyse des Berliner Max Plank Institus für Infektions-Biologie untersuchte diesen Effekt jetzt näher und modellierte die mittel- bis langfristigen Auswirkungen dieses bluntings auf die Keuchhusten-Inzidenzen sowohl bei jungen Säuglingen in den ersten zwei Lebensmonaten, als auch für das Alter ab drei Monate:

in den ersten Jahren nach der Einführung der Keuchhusten-Impfung Schwangerer kommt es bei jungen Säuglingen zu einem vorübergehend deutlichen Absinken der Erkrankungszahlen ("honeymoon"), das für etwa ein Jahrzehnt anhält, bevor es wieder zu einem deutlichen Wiederanstieg ("rebound") kommt. Da alle veröffentlichten Studien zur Wirksamkeit der mütterlichen Keuchhusten-Impfung derzeit noch den "honeymoon" untersuchen, wird die mittel- und langfristige Wirksamkeit der Impfung Schwangerer nach Ansicht der Autoren wesentlich überschätzt.

Bei älteren Säuglingen kommt es durch die Abschwächung der Effektivität der eigenen Impfung von vorne herein zu einem Anstieg der Erkrankungsinzidenz, der umso größer ausfällt, je stärker das blunting ist. Das erhöhte Keuchhustenrisiko von Kindern entsprechend geimpfter Mütter ist noch im Alter von 5 Jahren nachweisbar.

Als mögliche Lösungsstrategie schlagen die Autoren vor, die ersten Säuglingsimpfungen um "einige Monate" nach hinten zu verschieben, dadurch würden die negativen Auswirkungen des blunting wesentlich verringert. Dies wird z.B. in den Niederlanden praktiziert, wo Säuglinge, deren Mütter in der Schwangerschaft gegen Keuchhusten geimpft wurden, selbst später geimpft werden als die Kinder ungeimpfter Mütter.

Einmal mehr zeigt sich, wie naiv und kurzsichtig aktuelle Impfempfehlungen formuliert werden - schon zum Zeitpunkt der jeweiligen Impfung nachweisbare mögliche negative Effekte (die Erhöhung des Erkrankungsrisikos älterer Säuglinge, die Abschwächung der Effektivität anderer Impfungen) sind bei der Veröffentlichung der Impfempfehlung nicht untersucht bzw. werden ignoriert, und die in dieser Studie untersuchten mittel- und langfristigen Effekte (≥ 10 Jahre) scheinen weit jenseits des Horizontes der (zumindest deutschen) Impfkommissionen zu liegen...

Maternal pertussis immunization and the blunting of routine vaccine effectiveness: a meta-analysis and modeling study | Nature Communications